Fährunglück
Eine der herausragendsten Aktionen des Vereins ist sicherlich die Gedenkplakette an das Fährunglück vom 07. März 1947. Am 06. Juni 2009 konnte die Bronzetafel am Deichtor von den Geistlichen beider Konfessionen feierlich eingeweiht werden.
Am 6. Juni 2009 hat der damalige Verschönerungsverein Neuss-Uedesheim e.V. unter großer Anteilnahme der Bürger eine Bronzetafel eingeweiht. Sie erinnert an das Fährunglück vom Freitag, den 7. März 1947. Die Tafel befindet sich in Uedesheim rechts neben dem Deichtor. Sie wurde gefertigt von dem Erkelenzer Künstler Michael Franke und zeigt die damalige Fähre „St. Antonius“ im Moment des Kenterns.
Am 6. Juni 2009 hat der damalige Verschönerungsverein Neuss-Uedesheim e.V. unter großer Anteilnahme der Bürger eine Bronzetafel eingeweiht. Sie erinnert an das Fährunglück vom Freitag, den 7. März 1947. Die Tafel befindet sich in Uedesheim rechts neben dem Deichtor. Sie wurde gefertigt von dem Erkelenzer Künstler Michael Franke und zeigt die damalige Fähre „St. Antonius“ im Moment des Kenterns.
Der Heimatverein Uedesheim, der sich auch der Aufarbeitung der Ortsgeschichte widmet, rückte damit das schwere Unglück der Ponte zwischen Neuss-Uedesheim und Düsseldorf-Himmelgeist wieder in das Gedächtnis. Bei diesem Unglück verloren 14 Menschen ihr Leben.
Gerne hätte der Heimatverein – wie bei Schiffsunglücken üblich – die Namen der Opfer auf der Gedenktafel festgehalten. Aber trotz umfangreicher Recherchen in öffentlich zugänglichen Archiven ist es nicht gelungen, alle Namen zu ermitteln. Daher bleiben die Namen der Opfer ungenannt.
Ein besonderer Dank gilt den kleinen und großen Spendern der Straßensammlung für die Gedenktafel. In nur drei Nachmittagen konnten Christiane Norbisrath, Karl-Rüdiger Himmes und Paul-Heinz Kramp das nötige Geld für die Bronzetafel sammeln.
Bedanken möchte sich der Heimatverein aber auch bei Herrn Pfarrer Bielinski-Gärtner und Herrn Kaplan Reimer, die bei der Einweihungsfeier mitwirkten.
Im Jahrbuch für den Rhein-Kreis Neuss 2010 wird das Fährunglück vom 7. März 1947 in einem zwölfseitigen Aufsatz dargestellt. Unser Vereinsmitglied Paul-Heinz Kramp schildert darin nicht nur genau den Ablauf des Unglücks, sondern geht auch der Frage nach, wie es zu dem Untergang kommen konnte.
Das Jahrbuch kostet 10 € und ist erhältlich:
- Kreisheimatbund Neuss e.V. (Schloßstr. 1, 41541 Dormagen-Zons)
- Buchhandel (ISBN: 978-3-9810667-4-6).
Ein Drama, das uns noch heute bewegt
Rotger Kindermann
So gut besucht war die Uedesheimer St. Martinus-Kirche selten in den letzten Jahren. Über hundert Einheimische waren gekommen, um beim Gedenken an die Toten des Fährunglücks vor 75 Jahren dabei zu sein und für sie eine Kerze anzuzünden. Es war eine mühevolle Recherche vorausgegangen bis Paul-Heinz Kramp, Vorstand und Vereinshistoriker des „Heimatvereins Schönes Uedesheim“, die Namen der 14 Ertrunkenen herausgefunden hatte. Nun konnte man gemeinsam im Rahmen einer ökumenischen Andacht angemessen und würdevoll an die Toten erinnern. In der St. Martinus-Kirche ließen sich Pfarrer Jens Bielinski-Gärtner und Diakon Michael Linden viel Zeit mit dem Verlesen der 14 Namen (siehe Kasten), die Namen derer, für die in der eiskalten Strömung jede Hilfe zu spät kam. Zugleich wurde für alle Todesopfer eine Laterne angezündet, die später an der Unglücksstelle für gewisse Zeit dem Rhein anvertraut wurden.
Damals und heute – erreichen wir das rettende Ufer?
Pfarrer Bielinski-Gärtner gedachte der Verstorbenen vom März 1947, die gerade einen fürchterlichen Krieg überlebt hatten, doch diesmal auf besonders tragische Weise vom Tod ereilt wurden. Und mit Blick auf die unfassbare Rückkehr des Krieges in der Ukraine sagte er: „Wir erfahren in diesen Tagen, wie zerbrechlich unser Leben ist und alles, was wir Menschen erschaffen und bewirken. Wir sind erschüttert durch den Krieg im Osten Europas. Wir fühlen uns auf schwankendem Grund wie auf einem Boot mitten im Rhein und wissen nicht, wie und wann wir das rettende Ufer erreichen.“ Die Opfer von damals und von heute wurden in die Gebete eingeschlossen.
Warum die Fähre kentern musste
Zuvor hatte Paul-Heinz Kramp die Unglücksfahrt der Gierfähre „St. Antonius“, die am 7. März 1947 gegen 15 Uhr begann, geschildert. Der Rhein führte starkes Hochwasser, der Wasserdruck, mit dessen Hilfe die Fähre angetrieben wurde, war enorm hoch. Als in dieser Situation ein im Fluss treibender Gegenstand – vermutlich ein Baumstamm – die Laufrolle des Führungsseils blockierte, machte die Fähre eine abrupte Drehbewegung nach rechts um 180 Grad. Dabei verrutschten auf dem nassen Deck die Fahrzeuge – zwei schwere LKW und drei PKW, wodurch das Schiff Schlagseite bekam. Nun nahm das Drama seinen Lauf, vor allem, weil die Bullaugen durch die Drehung auf der zur Strömung ausgerichteten Seite lagen – und sie waren nicht verschlossen! Auf Grund dieser Fahrlässigkeit war der Untergang unabwendbar. Große Wassermengen strömten in die Schiffskammern, das Deck wurde überspült, die Fähre kenterte, sie trieb kieloben stromabwärts und versank nach kurzer Zeit vollends. „An Bord müssen sich verzweifelte Szenen abgespielt haben“, so Kramp, denn niemand fand einen Rettungsring und das Rettungsboot hatte man am Ufer zurückgelassen. Großes Glück im Unglück hatten 14 Personen, die von Matrosen eines vorbeifahrenden niederländischen Schleppers aus dem Wasser gezogen wurden. Drei Schiffbrüchige konnten sich aus eigener Kraft ans Ufer retten. 14 Menschen ertranken.
Dieses Schiffsunglück gehört heute zum kollektiven Gedächtnis der Uedesheimer. Einmal, weil der junge und noch unerfahrene Fährmann – er überlebte den Untergang und wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt – aus einer bekannten ortsansässigen Familie stammte und weil auch Uedesheim zahlreiche Tote zu beklagen hatte. Zum anderen hat der Heimatverein, besonders durch die Erinnerungsarbeit von Paul-Heinz Kramp, das Gedenken wachgehalten. So wurde 2009 dank seiner Initiative unweit des Fähranlegers ein Bronzetafel aufgestellt, mit der an die Opfer der Tragödie gedacht wird. Sie soll nun durch die Namen ergänzt werden.
Dank an DLRG-Ortsgruppe
Der Vorsitzende des Heimatvereins, Rotger Kindermann, stellte ebenfalls einen Bezug zur aktuellen Lage her. Man dürfe dieses Fährunglück nicht als singuläres Ereignis betrachten, es sei vielmehr „eingebettet in die damalige Zeit, die sog. Nachkriegszeit. In einer Zeit, in der Hunger, Tod und Elend immer noch allgegenwärtig waren, hielten sich das Entsetzen und die mediale Aufmerksamkeit in Grenzen.“ Würde ein Unglück dieses Ausmaßes heute geschehen, betonte Kindermann, wären mindestens ein „ZDF Spezial“ und „ARD Extra“ zu erwarten. „Und wer hätte bis vor kurzem gedacht, dass sich jetzt diese TV-Formate ausnahmslos einem Thema, dem erbarmungslosen Krieg in der Ukraine, widmen“, sagte der Vereinsvorsitzende. Einen besonderen Dank richtete er an die Einsatzleiter der DLRG-Ortsgruppe Neuss, Thomas Tscheuschner und Lutz Siebert, für ihre technische Unterstützung. Im Anschluss an die Andacht brachten die Teilnehmer die Schwimm-Laternen zur nahegelegen Fährrampe, übergaben sie dem DLRG-Team, das sie auf ein Boot verbrachte. Bei dieser Zeremonie in der Abenddämmerung waren alle dabei, die Schützen, die Vorstände der Sportvereine oder die örtliche Politik, vertreten durch die stellvertretende Landrätin Katharina Reinhold und den Vorsitzenden des örtlichen Bezirksausschusses Stefan Crefeld. Ein eiskalter Ostwind erinnerte an die dramatischen Stunden vor 75 Jahren. Noch einmal wurden die Verstorbenen benannt und Dominik Rottmann, der stellvertretende Vorsitzende des Heimatvereins und selbst Fährmann auf der Kaiserswerther Fähre, ließ für jeden Namen eine alte Schiffsglocke ertönen. Danach wurden die Laternen vom DLRG-Boot aus ins Wasser gesetzt und wenig später wieder umweltgerecht eingesammelt.
Ein Familienroman erklärt die Hintergründe
Zum Abschluss der Gedenkfeier las Dr. Klaus Rodewig, ein Neffe des Kapitäns der Unglücksfähre, in der Pfarrkirche aus seinem Familienroman „Wenn das Eis taut“. Darin werden die örtlichen Verhältnisse im Jahr 1947 und die familiären Hintergründe eingehend durchleuchtet. Es geht in dem Buch auch um Schuldzuweisungen: „Meiner Mutter wurde vorgeworfen, indirekt Schuld zu haben an dem Fährunglück“, sagte der Autor. Der Grund: Sie habe ihren Mann Heinrich (de facto Fähreigentümer) gedrängt, nach einer eigenen neuen beruflichen Existenz zu streben. Konsequenz war, dass sein junger, unerfahrener Bruder Theo damals am Steuer stand – und überfordert war. Eindrucksvoll schilderte der Zeitzeuge xxxx Oerding den Unglückstag – an dem er auf dem Deich spielte und plötzlich sah, wie eine Frau mit letzter Kraft das rettende Ufer erreichte und aus dem eiskalten Wasser gezogen wurde. Er ist nicht der einzige einer Generation, die das Drama heute noch bewegt. „Wenn ich später mit der Fähre übersetzte, habe ich immer Angst gehabt“, erinnerte sich ein anderer Zuhörer. So war dieses Gedenken für einige auch eine Auseinandersetzung mit eigenen Erlebnissen.
Die Namen der Toten: |
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Josef Bender, Heinz Does, |